Kräuterbier selber machen – Die Wiederentdeckung eines alten Heilgetränks
- Sandra von der Wilden Werkstatt
- 21. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Mit Blättern, Blüten und Wurzeln ein gesundes, erfrischendes und aromatisches Kräuterbier brauen – und dabei tief in die alte Pflanzenkultur eintauchen.

Bier war früher wild – wortwörtlich.
Bevor Bier zum Industrieprodukt wurde, war es ein lebendiges, pflanzenbasiertes Heilgetränk. Gebraut wurde regional, mit dem, was gerade wuchs: Schafgarbe im Spätsommer, Beifuß zur Sonnenwende, Fichtensprossen im Frühjahr oder Wacholdernadeln im Winter.
Was heute wie ein neuer Trend wirkt, ist in Wahrheit uraltes Kulturgut. Frauen – meist Heilerinnen, Braumeisterinnen oder Kräuterfrauen – stellten sogenannte Grutbiere her: kräftige, bittere oder süße Biere mit heilkräftigen Wildpflanzen, die nicht nur den Körper stärkten, sondern auch rituelle Bedeutung hatten.
Bier war nicht primär ein Rauschmittel, sondern eine pflanzenmedizinische Nahrung – voller Mineralien, Bitterstoffe, Fermente und natürlicher Energie.
Welche Wildpflanzen wurden früher für Bier verwendet?
Wildpflanze | Wirkung /Bedeutung |
---|---|
Beifuß | verdauungsfördernd, stärkend, schützend |
Gundermann | schleimlösend, leicht bitter, würzig |
Schafgarbe | leberstärkend, antibakteriell, ausgleichend |
Engelwurz | stärkend, wärmend, heilkräftig für Magen und Nerven |
Wacholder | desinfizierend, aromatisch, harntreibend |
Labkraut | leicht süßlich, harntreibend, entspannend |
Löwenzahnwurzel | bitter, verdauungsfördernd, leberanregend |
Hopfen | beruhigend, konservierend, geschmacksprägend |
Das ist nur eine kleine Auswahl. Jeder Ort, ja jedes Dorf besaß seine eigenen besonderen Gruitbier-Mischungen.
Diese Pflanzen machten das Bier nicht nur haltbar und geschmacklich spannend – sie hatten gezielte gesundheitliche Effekte. Ein Beifußbier im Spätsommer half gegen Trägheit, ein Engelwurz-Wacholder-Sud wärmte im Winter.
Warum wurde der Hopfen eingeführt – und was ging dabei verloren?
Der Hopfen, heute der Inbegriff von Bier, wurde erst ab dem 8. bis 12. Jahrhundert gezielt eingesetzt. Ursprünglich war er eine von vielen Brauzutaten – doch seine konservierende Wirkung, sein bitterer Geschmack und seine Wirkung auf die Brauereibarkeit machten ihn bei Klosterbrauern beliebt.
Im Jahr 1516 wurde mit dem Reinheitsgebot in Bayern festgelegt, dass Bier nur noch aus Wasser, Gerste und Hopfen bestehen dürfe. Damit verschwand die Vielfalt der Kräuterbiere fast vollständig – viele pflanzenkundliche Frauen verloren ihre Rolle als Braumeisterinnen, und das Bier wurde zunehmend monoton, aber kontrollierbar.
Was verloren ging: Heilpflanzenwissen, Vielfalt, regionale Braukultur, Geschmacksnuancen – und die heilende Kraft der Wildnis.
Kräuterbier heute – was möglich ist (und wieder wächst)
Inzwischen entdecken immer mehr Menschen die alte Kunst des Kräuterbrauens neu. Und das Schöne: Du brauchst weder Braukessel noch Fachwissen – ein einfaches, leicht fermentiertes Wildkräuterbier kannst du selbst machen!
Je nach Wunsch kannst du es beruhigend, anregend, entgiftend oder einfach nur erfrischend ansetzen. Besonders spannend ist die Kombination von fermentiertem Ansatz und traditionellem Pflanzenwissen – ein wilder, spritziger Trunk, der Körper und Seele belebt.
Vorteile von Kräuterbier
Ein selbstgebrautes Kräuterbier ist:
isotonisch: ideal bei Hitze oder körperlicher Anstrengung
mineralstoffreich: enthält Kalium, Magnesium & Co.
bitter: regt Leber, Galle, Magen und Appetit an
nervenstärkend: mit Hopfen, Lavendel oder Melisse
darmfreundlich: durch natürliche Gärung leicht fermentiert
frei kombinierbar: je nach Jahreszeit, Wirkung oder Geschmack
ein Erlebnis: bewusst, selbstgemacht, wild und ursprünglich

Ein Glas Geschichte – und Gesundheit
Hast du Lust bekommen, Kräuterbier selbst zu machen und selber die Geschichte weiterzuführen? Dann trag dich gerne ein und lade dir das Rezept herunter.
Oder - kennst du alte Rezepte oder Lieblingskräuter fürs Brauen?
Dann schreib es gerne in die Kommentare - und danke für das teilen dieses kostbaren Wissens.
Viel Freude an alten Bräuchen - neu aufgelegt!
Quellen & Hintergrund:
Grutbiere im Mittelalter mit Yarrow, Sweet Gale, regionalen Kräutern
Erste Hopfengebrauche im 9. Jh., Hildegard von Bingen im 12. Jh.
Ausbreitung des Hopfens im 13.–15. Jh.; Reinheitsgebot 1516
Moderne Grut-Brauer und Revival-Trend
댓글