Beinwell richtig ausziehen – warum ein reiner Ölauszug seine volle Heilkraft verfehlt
- Sandra von der Wilden Werkstatt

- 9. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Nov.
Der Beinwell (Symphytum officinale) gehört zu den bedeutendsten Heilpflanzen der europäischen Kräuterkunde – besonders in der Wurzelzeit, wenn er seine ganze Kraft in die Erde zieht. Er ist eine Pflanze der Regeneration, des Wachstums und der Heilung – und eine, die das Teilen ihrer Wurzel gut verträgt.
Wer ihn ausgräbt, erkennt sofort seine Vitalität: schwarze, erdige Wurzeln mit einem weißen, schleimigen Kern, der charakteristisch knackt, wenn er bricht.
Ein Sinnbild seiner Lebenskraft – und ein Hinweis auf die Wirkstoffe, die ihn so einzigartig machen.

Beinwell – eine der kraftvollsten Heilpflanzen für Muskeln, Knochen und Haut
Seit Jahrhunderten gilt Beinwell als Knochenheiler und Wundregenerator.Er unterstützt Muskeln, Sehnen, Knochen und Haut gleichermaßen.
Typische Anwendungen von Beinwell:
bei Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen
bei Muskel- und Gelenkschmerzen
zur Nachbehandlung von Knochenbrüchen
bei Wundheilungsstörungen und Narbenpflege
als Hautpflege
Kaum eine Pflanze symbolisiert so sehr die Kraft der Erneuerung.
Die Kontroverse: Warum Beinwellöl oft überschätzt wird
In vielen Ratgebern und Rezepten wird Beinwell traditionell als Ölauszug (Mazerat) hergestellt.Doch das ist – so provokant es klingt – eine unvollständige und fehlerhafte Methode, wenn du die volle Heilkraft der Beinwellwurzel nutzen möchtest.
Ein reines Öl löst nur fettlösliche Stoffe – die entscheidenden Wirkstoffe des Beinwells sind jedoch wasser- und alkohol-löslich.
Damit bleibt der Großteil der Heilkraft im Wurzelstück zurück, anstatt in dein Öl überzugehen.
Das bedeutet:
Beinwellöl allein ist wohltuend, aber nicht vollständig wirksam.
Erst Alkohol oder Glycerin holen das heraus, was Beinwell wirklich stark macht.

Die wahren Inhaltsstoffe der Beinwellwurzel – und was sie brauchen
Die Beinwellwurzel enthält eine außergewöhnliche Kombination an Heil- und Nährstoffen, die sich nicht alle gut im Öl lösen.
Hauptinhaltsstoffe der Beinwellwurzel:
Allantoin – wasserlöslich - regt die Zellneubildung an, beschleunigt die Regeneration
Schleimstoffe – absolut wasserlöslich - beruhigen Haut und Schleimhäute, lindern Entzündungen
Gerbstoffe – wasserlöslich, wirken adstringierend und abschwellend
Rosmarinsäure – wasserlöslich, stark entzündungshemmend, antioxidativ und schmerzlindernd
Kieselsäure – wasserlöslich, stärkt Bindegewebe und Hautstruktur
Asparagin & organische Säuren – wasserlöslich, unterstützen den Zellstoffwechsel
Rosmarinsäure – wasserlöslich, stark entzündungshemmend, antioxidativ und schmerzlindernd
Harze & ätherische Komponenten – fettlöslich aber auch alkohollöslich, schützen und pflegen
Triterpensaponine - amphiphile (fett- und wasserlöslichen) Natur sind sie in Salben und Ölen gut verfügbar.
Phytosterine / Sterole - fettlösslich und werden daher gut in Öl und Alkohol gelöst
Die meisten dieser Stoffe – insbesondere Allantoin, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Rosmarinsäure und Kieselsäure – sind wasserlöslich oder alkohol-löslich.
Ein Ölauszug kann sie nicht ausreichend extrahieren.
!!! Hinweis zu Pyrrolizidinalkaloiden (PA) – wasserlöslich:
Pyrrolizidinalkaloide sind natürliche Schutzstoffe der Pflanzen und kommen auch im Beinwell vor. Seit den 1980er-Jahren gelten sie in größeren Mengen als leberkarzinogen. Ihre Wirkung ist kumulativ, das heißt: Sie können sich bei wiederholter innerlicher Anwendung im Körper anreichern und so langfristig Schaden anrichten. Deshalb wird von einer innerlichen Anwendung abgeraten. Die äußerliche Nutzung – etwa als Salbe oder Frischwurzelbrei – gilt bei intakter Haut als sicher, da kaum Resorption stattfindet. Inzwischen gibt es auch PA-freie Züchtungen, die eine gute Alternative für den Garten darstellen.
Die richtige Methode: Alkohol, Glycerin oder Kombi – so nutzt du die ganze Pflanzenkraft
Drei Methoden für maximale Beinwellkraft:
Beinwell-Tinktur (Alkoholauszug):
– Extrahiert Allantoin, Rosmarinsäure und Schleimstoffe.
– Ideal für Einreibungen, Umschläge oder als Grundlage für Salben.
Glycerinauszug:
– Mild und alkoholfrei, bewahrt Feuchtigkeit (Achtung auf die Menge - zuviel bewirkt das Gegenteil und trocknet Haut aus).
– Besonders für empfindliche Haut oder kosmetische Anwendungen geeignet.
Öl-Auszug kombiniert mit alkoholischer Tinktur als Creme
– Vereint beide Wirkstoffgruppen und vollständigt den Ölauzug in Form einer Creme

Doch wie ziehst du Beinwell nun richtig als Tinktur aus?
Rezept: Beinwell-Tinktur für volle Heilkraft
Zutaten:
1 Teil frische Beinwellwurzel, klein geschnitten
5 Teile 40–50% Alkohol (z. B. Wodka oder Doppelkorn)
Schraubglas, Filtertuch, dunkle Tropfflaschen
Zubereitung:
Beinwellwurzel reinigen und klein schneiden.
In Glas geben, mit Alkohol bedecken.
Beschriften (Pflanze, Datum, Alkoholgehalt).
3–4 Wochen dunkel und warm stehen lassen, regelmäßig schütteln.
Abseihen, in dunkle Fläschchen füllen.
Die Wahrheit über Beinwellöl – und was du besser machen kannst
Beinwell ist eine wunderschöne Pflanze mit einer enorm heilkräftigen Wurzel, die wir uns aufjedefall näher anschauen sollten.
Ein reiner Ölauszug ist wohltuend, aber nicht vollständig – er lässt viele ihrer wichtigsten Wirkstoffe zurück.
Erst durch Alkohol oder Glycerin entfaltet Beinwell seine ganze Wirkung:regenerierend, entzündungshemmend, gewebestärkend.
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